Myomsprechstunde
In eigener Sache
Meine eigentliche Tätigkeit verstehe ich darin, im Rahmen meiner Praxissprechstunden Betroffenen Hilfestellung bei der weiteren Therapieplanung zu geben und auf Wunsch weitere Behandlungswege zu bahnen. Oder Sie interessiert einfach nur eine zweite Meinung zu der bei Ihnen gestellten Diagnose, dann kann die Untersuchung dazu dienen, eine bereits fast feststehende Entscheidung zu untermauern oder aber neue Denkanstöße zu geben, ohne Sie zu verunsichern.
Es gibt meines Erachtens in Anbetracht der dargebotenen Fülle an Informationen für die Betroffenen ein entscheidendes Problem: Welches ist nun die optimale Therapie für Sie? Und genau diese Antwort kann in einzelnen Fällen ein kurzer Besuch beim Frauenarzt genauso wenig geben wie ein anonymes Medium wie das Internet – und damit auch nicht diese Seite, wohl wissend, daß die unterschiedlichen Erscheinungsformen dieser gutartigen Erkrankung ein differenziertes Herangehen erfordern.
Zurückhaltung ist geboten bei diversen Internetseiten, welche bestimmte Behandlungsmethoden favorisieren ohne auf Alternativen einzugehen. Diverse Kliniken und Praxen bieten Myomsprechstunden an, und meine Empfehlung kann nur lauten, sich in einer solchen individuell beraten zu lassen. Doch da sich die heutige Medizin immer stärker spezialisiert wird es kaum möglich sein eine Einrichtung zu finden, die Ihnen alle Therapieoptionen anbieten kann. Somit besteht die Möglichkeit, daß die jeweils vorherrschende „Hausmeinung“ einen überhöhten Stellenwert bekommt.
Deshalb würde ich gerade in schwierigen Situationen wie beispielsweise Myomen und bestehendem Kinderwunsch immer empfehlen, eine zweite Meinung einzuholen, insbesondere, wenn Entscheidungen von schwer überschaubarer Tragweite anstehen, z.B. eine Gebärmutterentfernung.
Tatsächlich treten bei ca. jeder vierten Frau (20 – 30 %) Myome auf, doch zum Glück leidet längst nicht jede Frau auch unter den Symptomen, die Myome hervorrufen können. Häufig handelt es sich um einen sogenannten Zufallsbefund, meist im Rahmen von Ultraschalluntersuchungen. Im allgemeinen genügen bei Abwesenheit klinischer Symptome Ultraschallkontrollen in regelmäßigen Abständen, um ein rasches Wachstum des vermeintlichen Myoms bzw. der Myome zu erkennen, da dies ein Hinweiszeichen auf eine bösartige Umwandlung des Myoms in ein Sarkom sein kann (ca. 0,5%). Dann wäre eine operative Abklärung unumgänglich. Bei konstanter Größe bzw. nur geringer Größenzunahme kann unter Einhalt der Sorgfaltskriterien im allgemeinen abgewartet werden.
Bei Ihnen wurde kürzlich ein Myom festgestellt? Sie sind verunsichert, weil bei Ihnen vielleicht seit längerem ein Myom bekannt ist und Sie nicht wissen, welches die für Sie optimale Behandlung wäre? Dann werden Ihnen die folgenden Ausführungen zeigen, daß es „die Behandlung“ tatsächlich nicht geben kann. Um so wichtiger ist deshalb neben einer gründlichen Untersuchung eine möglichst objektive Aufklärung über die verfügbaren Therapieoptionen – und die reichen von abwartenden (Ultraschall-)Kontrolluntersuchungen über organerhaltende Operationen mittels verschiedener Techniken (z.B. Bauchspiegelung = Laparoskopie, gaslose Laparoskopie, operative Hysteroskopie oder Bauchschnitt), neueren Techniken wie der Myomembolisation oder auch der medikamentösen Therapie mit dem Progesteron-Rezeptor-Modulator Ulipristal bis hin zur Entfernung der gesamten Gebärmutter. Allerdings sollten die Zeiten, in denen man bei festgestellten Myomen unabhängig vom Alter der Patientin, des Ausmaßes des Befundes, der verursachten Symptomatik sowie eines noch bestehenden Kinderwunsches pauschal die Gebärmutterentfernung propagierte, längst vorbei sein.
Während meiner mehr als achtjährigen Tätigkeit am Auguste-Viktoria-Klinikum (AVK) in Berlin-Schöneberg konnte ich sowohl im Rahmen der dort angebotenen Myomsprechstunde also auch durch zahlreiche selbst durchgeführte Operationen Erfahrungen auf dem weiten Gebiet der Myome sammeln. Diese Klinik ist auf die operative, organerhaltende Myombehandlung spezialisiert, wenn möglich und medizinisch sinnvoll auch per Bauchspiegelung (Laparoskopie, Minimal Invasive Chirurgie = MIC) und zieht ob ihres exzellenten Rufes eine Klientel aus ganz Deutschland an. Eine Erhebung der Patientenzahlen ergab für den dreijährigen Zeitraum zwischen Mitte 1998 und Mitte 2001 exakt 543 operativ behandelte Patientinnen, von denen 537 organerhaltend operiert werden konnten. Damit lag diese Klinik zumindest seinerzeit bundesweit an der Spitze bezüglich der Anzahl durchgeführter gebärmuttererhaltender Myomoperationen, sei es mittels Bauchspiegelung (178 mal, davon mußte 8 mal auf einen Bauchschnitt umgestiegen werden, 1 mal mußte die Gebärmutter entfernt werden), per Bauchschnitt (304 mal, 5 mal mußte die Gebärmutter entfernt werden) oder durch die Scheide mit dem Resektoskop (= resektoskopische Myomabtragung = operative Hysteroskopie, 45 mal) oder als sogenannte Hysterotomia vaginalis anterior (= „offen chirurgisch“ durch die Scheide, 16 mal).
Sollte Ihnen also eine organerhaltende Operation empfohlen werden, dann informieren Sie sich bei der jeweiligen Klinik unbedingt über die Anzahl der durchgeführten Operationen bezüglich der entsprechenden geplanten OP-Technik. Denn obwohl die OP z.B. mittels Bauchschnitt technisch oft nicht allzu anspruchsvoll ist, setzt sie auf dem Wege der Bauchspiegelung äußerst viel Erfahrung (vor allem bei nicht abgeschlossenem Kinderwunsch) und modernste Technik (z.B. Morcellatoren, um das Myom noch in der Bauchhöhle zu zerkleinern und zu entfernen, um die Narkosedauer und auch den Blutverlust möglichst gering zu halten) voraus. Und bei genauem Hinterfragen tun sich hier große Unterschiede auf. So ist auch eine Eigenblutspende in bestimmten Fällen durchaus in Erwägung zu ziehen.
Bei einer organerhaltenden Methode, egal ob Operation oder Embolisation, kann keine Garantie für postoperative Beschwerdefreiheit übernommen werden. Außerdem ist die Gefahr des Wiederauftretens von Myomen hoch, die Angaben schwanken hier zwischen 30 -50%. Bei organerhaltenden Operationen liegt die Ursache dafür unter anderem an intraoperativ (v.a. bei der Bauchspiegelung) nur schwer bis gar nicht tastbaren winzigen Myomanlagen, die somit verbleiben und später unter Östrogeneinfluß anfangen können zu wachsen.
Deshalb ist eine manchmal recht zeitaufwändige Beratung unabdingbar. Eine vollständige Gebärmutterentfernung ist zwar oft unumgänglich und medizinisch manchmal die sinnvollste Lösung. Doch eine organerhaltende Methode kann – selbst wenn sie nicht immer völlige Beschwerdefreiheit garantiert – wertvolle Zeit für eine Patientin bringen, sei es um einen vorhandenen Kinderwunsch zu realisieren oder auch um die Wechseljahre zu erreichen, denn da verringert sich allmählich, aber stetig der Östrogeneinfluß und eventuell vorhandene Myome hören auf zu wachsen bzw. neue Myome treten nicht mehr auf.
Bei Patientinnen mit bestehenden Myomen können unter der Geburt Probleme auftreten, beispielsweise durch die Verlegung des Geburtsweges, wodurch eine Spontangeburt unmöglich werden kann. Aber auch die Nachgeburtsperiode kann Schwierigkeiten bereiten. Deshalb ist in solchen Fällen eine genaue Geburtsplanung, im geschilderten Fall der Verlegung des Geburtskanals sogar eine Geburtsbeendigung durch einen Kaiserschnitt notwendig. Selbstverständlich müssen auch hierbei immer die Risiken genau abgewogen werden.
Viel Erfahrung benötigt die Geburtsplanung bei Zustand nach operativer Myomentfernung. Die Meinungen sind hier nicht einheitlich. Unsere Erfahrung am AVK und der Zulauf von Patientinnen aus weiterer Entfernung hat uns gezeigt, daß in vielen Kliniken in solchen Fällen eine Spontangeburt abgelehnt und ein Kaiserschnitt durchgeführt wird. Diese Form der Geburtsbeendigung sollte sicher immer angeboten werden und vor allem für weniger versierte Kliniken scheint hier die sicherste Lösung zu liegen, denn die Gefahr des Zerreißens der Gebärmutterwand unter der Geburt (Uterusruptur) ist vor allem bei Zustand nach laparoskopischer Entfernung tiefer sitzender Myome oder nicht allzu langem Zurückliegen der Myomoperation deutlich erhöht. Jedoch konnten wir am Auguste-Viktoria-Klinikum insbesondere bei Kenntnis des OP-Berichtes in vielen Fällen den Patientinnen eine Spontangeburt ermöglichen – allerdings unter intensivster Überwachung in den letzten Wochen der Schwangerschaft und besonders unter der Geburt. Natürlich wurde die Indikation für einen Kaiserschnitt sehr großzügig gestellt und das gesamte Vorgehen war lange vorher bereits bis ins Detail mit der Patientin abgestimmt.
Liebe Leserin, wenn Sie sich mit dem Thema Myome eine Weile beschäftigen werden Sie bemerken, daß es auf Grund der Häufigkeit des Auftretens und der Fülle der angebotenen Therapieoptionen ein sehr kontrovers zu diskutierendes Thema ist. Die unterschiedlichen Meinungen rühren oft daher, dass es die optimale Lösung für dieses Problem eben noch nicht gibt. Mir liegt der Organerhalt v.a. bei jungen Frauen mit noch nicht abgeschlossenem Kinderwunsch sehr am Herzen, weshalb ich in solchen Fällen – wenn medizinisch sinnvoll – eine organerhaltende Operation in einem spezialisierten Zentrum favorisiere.
Andererseits wird für viele Frauen leider eine Gebärmutterentfernung die einzige vernünftige Lösung bleiben. Studien belegen, daß von vielen Frauen das Fehlen der Gebärmutter auch als befreiend empfunden werden kann, da sie beispielsweise nicht mehr unter beeinträchtigenden Blutungsstörungen leiden und keine Angst vor ungewollten Schwangerschaften mehr das Sexualleben trübt.
Es wird wie bei so vielen anderen Dingen im medizinischen Alltag Patientinnen geben, die mit einer Methode hochzufrieden sind, während andere Patieninnen eben diese Erfahrung nicht teilen. Dieses Problem kann man nie lösen, aber man sollte in der modernen Medizin bei der Behandlung einer solchen – in den meisten Fällen nicht lebensbedrohlichen – Erkrankung, den Patientinnen immer auch Alternativen aufzeigen oder diese zumindest benennen, egal, ob man von diesen überzeugt ist oder nicht. Denn meine Erfahrung ist, daß eine Patientin mit einer Entscheidung besser leben kann, wenn Sie diese unter Berücksichtigung alternativer Möglichkeiten und nach Abwägung der überschaubaren Vor- und Nachteile getroffen hat.
In diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit und biete Ihnen gerne eine Beratung zu diesem Thema an.
Hier gilt es, zwei Patientengruppen zu betrachten: Zum einen die Frauen, die mit Myomen schwanger werden und solche, die im Anschluß an eine (operative) Myomentfernung ein Kind erwarten.
In ersterem Fall wird es sich häufig, in letzterem Fall wohl fast immer um eine sogenannte Risikoschwangerschaft handeln, die größerer Aufmerksamkeit bedarf.
Myome können auf Grund der in der Schwangerschaft ansteigenden Hormonspiegel ein Größenwachstum zeigen. Das Risiko von Fehlgeburten ist erhöht. Auch besteht durchaus die Gefahr des Auftretens von Beschwerden, die durch die Verdrängung anderer Organe durch größere Myome her rühren. Eine operative Myomentfernung während einer Schwangerschaft ist besonders problematisch und wird nur nach genauem Abwägen der Risiken durchgeführt werden. Während die Entfernung gestielter Myome ein noch annähernd überschaubares Risiko birgt, ist vor allem bei tiefer sitzenden Myomen die Schwangerschaft in einem solchen Fall stark gefährdet. Allerdings sind mir aus meiner Zeit im AVK unter anderem zwei Fälle (ca. 16. und 18. Schwangerschaftswoche) in Erinnerung, die einen guten Ausgang nahmen und die Schwangerschaften konnten erfolgreich zu Ende geführt werden.
Etwas anders gelagert sind die Probleme bei Patientinnen, die im Anschluß an eine operative Myomentfernung schwanger werden. Hier ist die genaue Kenntnis über die Durchführung der Operation (OP-Bericht aushändigen lassen!) von größter Wichtigkeit. Beispielsweise ist es vor allem bei Zustand nach laparoskopischer Myomentfernung wichtig zu wissen, wie gründlich die Wunde an der Gebärmutter vernäht wurde (ein- oder zweischichtig?), aber auch diverse andere Faktoren, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, spielen in solchen Fällen eine wichtige Rolle und müssen absolut individuell behandelt werden.